Niemand lässt gerne unbekannte Menschen in die Wohnung, aber wenn Walter mit dem Notrufgerät vor der Türe steht, fasst man schnell Vertrauen. «Es kommt vor, dass die Angehörigen den Notruf bestellt haben und die Kundin dann gar nicht weiss, warum ich jetzt hier bin. Dann braucht es etwas Zeit, dies zu erklären. Aber dafür bin ich ja da», erzählt der 79-jährige ehemalige Radio- und Fernsehtechniker. Walter ist in einem lebhaften Familienbetrieb mit sehr viel Kundenkontakt aufgewachsen. Er ist es gewohnt, mit unterschiedlichsten Menschen in Kontakt zu treten. Als Freiwilliger übernimmt er in der Region St.Gallen die Installationen und den Service der Notrufgeräte.
Sinnvolle Aufgabe nach der Pension
Walter hatte sich auf seine Pension gefreut, sich nach ein paar Jahren jedoch gefragt, ob das nun schon alles in seinem Leben gewesen sei. «Es geht mir gut und ich möchte denjenigen, welchen es weniger gut geht, etwas zurückgeben», sagt er über seine Motivation. «Es ist schön zu sehen, wenn meine Arbeit geschätzt wird und sich die Menschen danach sicherer fühlen. Oft lässt sich mit dem Rotkreuz-Notruf ein Umzug in ein Altersheim hinauszögern. Oder wenn beispielsweise der Ehepartner verstorben ist und der Hinterbliebene plötzlich alleine zuhause lebt, gibt es ein Gefühl von Sicherheit, dass per Tastendruck ein Alarm ausgelöst werden kann, wenn etwas passiert. Auch die Angehörigen schätzen es sehr, wenn sie wissen, dass im Notfall schnelle Hilfe naht. Zudem gibt es Paare, bei welchen jemand schwer erkrankt ist und viel Betreuung und Pflege benötigt. Dann kann der Notruf dafür sorgen, dass die erkrankte Person ein paar Stunden alleine zuhause gelassen werden kann.»
Aufgabe erfordert viel Fingerspitzengefühl
Walter hat Einblick in die Wohnungen und die Lebensweisen der Menschen. «Es ist wichtig, dass wir den Notruf in jedem Zimmer sowie auch draussen rund um die Wohnung oder um das Haus bis zum Briefkasten testen. Ich habe einmal eine Frau darauf hingewiesen, dass wir jetzt noch zusammen ins Schlafzimmer gehen. Sie hat daraufhin gemeint, dass dies schon lange kein Mann mehr zu ihr gesagt habe», erzählt Walter lachend. Aber es gibt auch weniger Erfreuliches: «Eine Herausforderung für mich ist es, wenn jemand an einem Messie-Syndrom leidet. Die Gefahr besteht dann, dass das Notrufgerät sofort unter all dem Müll verschwindet. Für solche Fälle habe ich meine Bohrmaschine dabei. Dann macht es Sinn, das Notrufgerät fix an der Wand zu installieren.
Einsatz wird sehr geschätzt
Manchmal erlebe ich auch Begegnungen, die mich sehr berühren. Beispielsweise habe ich einmal ein Gerät bei einer Kundin installiert, die zuvor infolge eines Sturzes vier Tage in der Wohnung liegen musste, bevor sie gefunden wurde. Sie konnte alleine nicht mehr aufstehen. In ihrer misslichen Lage hat sie ihre Nachbarn im Treppenhaus gehört, aber niemand hat ihre Rufe wahrgenommen. Genau solche traumatischen Erlebnisse lassen sich mit dem Notruf vermeiden. Leider ist es öfters der Fall, dass jemand bereits einmal gestürzt ist, bevor er sich entschliesst, ein Notrufgerät installieren zu lassen. Dann sind auch die Angehörigen dankbar und entlastet, da sie wissen, dass bei einem Notfall sofort jemand alarmiert werden kann und sie sich keine Sorgen machen müssen.»